Das an der TU Wien im Forschungsbereich für Biomechanik und Rehabilitationstechnik durchgeführte FWF‑Einzelprojekt mit dem Titel „Biomechanical Optimization and Design of a Novel Device for Manual Wheelchair Propulsion“ beschäftigte sich genau mit dieser Thematik. Im Rahmen des Projektes wurde ein neuartiger Antriebsmechanismus für einen Rollstuhl entwickelt und auch ein entsprechendes Patent erteilt. Beim manuellen Antrieb des Rollstuhles über den Greifring muss sich die Armbewegung an ein vorgegebenes mechanisches System anpassen. Je nach Art der auftretenden Belastung bzw. Aufgabenbewältigung stellt sich eines der 4 unten gezeigten Antriebsmuster ein.
Alle 4 Antriebsvarianten haben eines gemeinsam: Diskontinuierliche Aufbringung der Antriebskraft sowie große Belastungen in nicht ergonomischen Gelenkswinkelbereichen.
Im Gegensatz dazu wurde bei der Entwicklung des HBP (Handle Based Propulsion) Antriebs eine für das Muskel-Skelettsystem des Armes optimale Antriebskurve entworfen, um maximale Antriebsleistung bei minimalem Aufwand an Muskelkraft zu erzielen. Gleichzeitig werden bei diesem optimierten Bewegungsablauf hohe Belastungen bei ungünstigen Gelenkswinkeln vermieden. Ebenso soll die Antriebskraft kontinuierlich über den gesamten Antriebszyklus aufgebracht werden. Für die praktische Umsetzung wurde ein Antriebsmechanismus entwickelt, bei dem eine Kurbel mit variierender Länge einer speziellen Bewegungskurve folgt. Der Mechanismus wird als „kurbelbasierter Rollstuhlantrieb (K.U.R.T)“ oder „HBP“ bezeichnet und wird auf beiden Seiten am Rollstuhl anstatt der Armlehnen montiert.
Die Ergebnisse der im Projekt mit dem Prototyp durchgeführten Studie an querschnittgelähmten ProbandenInnen zeigten vor allem:
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Verringerung der Handgelenksauslenkungen während der Antriebsbewegung im Vergleich zum konventionellen Rollstuhlantrieb mit dem Greifring, sowie durch die kontinuierliche Bewegung ständiger Kontakt zum Griff, damit auch kontinuierliche Kraftübertragung ohne Stöße. Dies führt zu einer verringerten Belastung an Hand und Handgelenk und verringert so auch die Gefahr von Verletzungen wie CTS oder Hyperflexion.
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Schultergelenkskräfte sowie -momente werden durch den HBP Mechanismus erheblich verringert.
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Die Messungen der Muskel-Aktivitäten der ProbandInnen während des Rollstuhlantriebs haben gezeigt, dass die Muskelaktivierungen bei Verwendung des HBP-Mechanismus im Vergleich zu Greifring geringer sind. Zusätzlich werden beim HBP-Mechanismus die auftretende Belastung jeweils auf mehrere Muskelgruppen verteilt. Dies erhöht und fördert die lokale Durchblutung, was wiederum die Ausdauer erhöhen und Verletzungen – hervorgerufen durch muskuläre Ermüdung – verhindern kann.
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Mit dem neuartigen HBP-Mechanismus konnten die Antriebskräfte nahezu über den gesamten Bewegungszyklus aufgebracht werden, was zu gleichmäßigen, reproduzierbaren Armbewegungsmustern führte.
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Die Ergebnisse der Spiroergometrie-Tests (Analyse der ein- und ausgeatmeten Gase) der Probanden/-innen zeigten einen geringeren Sauerstoffverbrauch und niedrigere Herzschlagfrequenzen im Vergleich zum Greifring Antrieb. Diese Reduzierung führt auch zu einem 50% höheren bruttomechanischen Wirkungsgrad (GME).